Spaltende eintriebige Mutanten. (submitted by H. Stubbe)

Endlich, J.

Drei eintriebige Mutanten, ETR I, II und III, die sich phanotypisch sehr ahneln, traten bei der Sorte "Rheinlands Ruhm" 1951 in der X2-Generation auf. Alle Mutanten erwiesen sich im Nachbau nicht konstant, sondern spalteten stets in normale Pflanzen and eintriebige Typen auf.

Die Varianten sind erst ab Ende Juni beim Feldanbau von den normalen Individuen zu unterscheiden. Ausgewachsene Mutanten erreichen eine Hohe von 20-40 cm, sind eintriebig im Wuchs, hochstens mit ein oder zwei winzigen Seitensprossen versehen, und zeigen verkleinerte Blatter bzw. Fiedern. Sind stark anthocyanhaltig und violett gefarbt. Bis zu 2 Blutenstande werden ausgebildet. Die sonst normalen Bluten besitzen schmale Antheren mit sehr wenig Pollen. Bereits 3 bis 4 Wochen fruher als normale Pflanzen sterben diese Typen ab. Hind und wieder erscheinen auch kraftiger verzweigte Mutanten, die als "intermediar" bezeichnet werden. Die Manifestierung der Wuchsform hangt vollig von der Umwelt ab. Bei der Kultur im Gewachshaus sind diese Typen nicht von normalen Pflanzen zu unterscheiden, wahrend sie im Feldenbau vollig eindeutige Aufspaltungen ergeben. Untersuchungen zur klarung dieses Phanomens sind im Gange.

Die 3 Mutanten unterscheiden sich nicht nur morphologisch, sondern auch in ihren Erbgangen. Selbstungen erbrachten folgende, in Prozentzahlen angegebenen Aufspaltungen:

           Etr I               Etr II              Etr III
      norm.Pfl.   Mut.     norm.Pfl.   Mut.     norm.Pfl.   Mut.
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1954  47,7        52,3     33,9        66,1     30,7        69,3
1955  48,8        51,2     38,9        61,1     32,8        67,2
1956  45,4        54,6     30,1        69,9     31,1        68,9
(Die Werte wurden von uber 1000 Individuen je Fall gewonnen.)

Nach kreuzungen von Mutanten mit normalen Pflanzen erschienen in den F1-Generationen bei ETR I in beiden Richtungen klare 1:1-Aufspaltungen. Die gleichen Ergebnisse wurden in den Kombinationen Rh.R. x Mutante bei ETR II und ETR III gefunden, wahrend die reziproken Kreuzungen, in denen die Mutanten als Mutterpflanzen benutzt wurden, nie Samen ansetzten.

Im Fall ETR I troten neben wenigen intermediaren Typen nur eintriebige und normale Pflanzen auf. Wahrend der Anzucht und in den Saatschalen wurden keine abweichenden Formen bemerkt. Bei ETR II und ETR III lassen sich durch kritische Beobachtung in den Saattopfen bis zu 20% Keimpflanzen erkennen, die auf der Unterseite der Kotyledonen und Primarblatter einen violetten Schimmer aufweisen. Diese Pflanzen bleiben etwas im Wachstum zuruck, verfarben sich nach einigen Wochen stark violett und verharren schliesslich. in diesem Stadium. Sie sind dann noch einige Wochen lebensfahig, dabei konnen die Primarblatter leicht ergrunen. Das Auftreten dieser nur 2 bis 3 cm hohen Zwergpflanzen hangt stark von ausseren Faktoren ab, denn in einigen Jahren waren die Typen sehr schwer und nur bis zu 10% zu erkennen. Werden diese Keimpflanzen auf normale Unterlagen gepfropft, so entwickeln sie sich vollig normal und die Fruchte haben guten Samenansatz. Die Nachkommenschaften solcher zu normal entwickelten Reiser ergeben einheitlich und deutlich erkennbare, violett gefarbte Pflanzen, die oft etwas kraftiger und grosser sein konnen. Kreuzungen zwischen normalen Pflanzen und den gepfropften Reisern wurden in beiden Richtungen erfolgreich durchgefurt.

In allen untersuchten Fallen betrug die Chromosomenzahl 2n=24. Besonders die eintriebigen Mutanten ETR II und ETR III haben Storungen im Ablauf der Meiosis. Die Chromosomen zeigen haufig ein desynaptisches Verhalten, und der gesamte Spindelapparat ist stark gehemmt. Noch bevor die Bivalente in der aquatorialebene angeordnet sind, fallen sie auseinander, und die Aquationsteilung der Chromosomen findet dann regellos im Zellraum statt. Als Folge dieses Verhaltens bilden sich dann die Gonen zufallsgemass mit allen denkbaren Chromosomenzahlen. Auch die tripolare und z.T. multipolare Spindel fuhrt zu solchen Verteilungsanomalien. In den Nachkomenschaften dieser Mutanten traten insgesamt 5 tetraploide Individuen auf. Sie hatten alle keinen Samenansatz. Cytologische Untersuchungen liessen einen vollig gestorten Spindelapparat erkennen. Eine andere, stark gestauchte Pflanze erwies sich als eine hoherploide, nach dem cytologischen Bild wahrscheinlich hexaploide Form. Die cytologischen Arbeiten wurden auf die Untersuchung des Pachytgns ausgedehnt.